Eine Einführung in die Import- und Exportindustrien Vietnams
Mit seinen steigenden Kosten ist China für viele Unternehmen nicht mehr das bevorzugte Zielland. Vietnam hingegen wird zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten. Die aktuellen Trends zeigen, dass die Anzahl der Aufträge, die von China nach Vietnam verlagert wurden, deutlich zugenommen hat. Zum Beispiel ist das chinesische Perlfluss-Delta, welches lange Zeit als eines der weltweit wichtigsten Produktionszentren für Hersteller galt (insbesondere derer aus Hongkong), heutzutage für viele Unternehmen zu teuer, um in der Region zu bleiben.
Um den steigenden Kosten und einem zunehmend komplexen regulatorischen Umfeld zu entgehen, haben in den letzten Jahren immer mehr Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit von China nach Vietnam verlagert.
Betrachtet man den aktuellen Handelskrieg zwischen China und den USA sowie der kürzlich erfolgten CPTPP-Ratifizierung Vietnams und der Unterzeichnung des EU-Vietnam Freihandelsabkommens, öffnet sich das Land immer mehr für den internationalen Handel und Investitionen.
Vietnam befindet sich in einer strategisch optimalen Lage für Unternehmen mit Operationen in ganz Südostasien und ist ein ideales Exportzentrum, um die anderen ASEAN-Märkte zu erreichen.
Im Vergleich zu den anderen aufstrebenden Märkten der Region entwickelt sich Vietnam zu einem klaren Marktführer im Bereich kosteneffizienter Produktion und Beschaffung. Der Produktionssektor des Landes machte im Jahr 2015 25 Prozent des gesamten BIP aus. Die Lohnkosten in Vietnam betragen derzeit nur 50% derer in China und 40% derer in Thailand und auf den Philippinen. Da die arbeitsfähige Bevölkerung des Landes jährlich wächst, sind die vietnamesischen Arbeitnehmer günstig, jung und zunehmend hochqualifiziert.
Eine weitere treibende Kraft hinter der wachsenden Beliebtheit Vietnams ist die Sammlung an Freihandelsabkommen (FTA) des Landes, vor allem das umfassende und progressive Abkommen für die Transpazifische Partnerschaft (CPTPP) und das EU-Vietnam Freihandelsabkommen. Derzeit wird auch über die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) verhandelt. Wenn diese Handelsabkommen in Kraft treten, werden die vietnamesischen Exporte für viele der größten Märkte der Welt frei und mit nur wenigen Zöllen und Einschränkungen verfügbar sein.
In Bezug auf regulatorische und finanzielle Anreize ist Vietnam in den letzten Jahren zunehmend investorenfreundlicher geworden. Die Regierung hat unter anderem Maßnahmen zur Reform des Finanzsektors, zur Straffung der Geschäftsvorschriften und zur Verbesserung der Qualität der Arbeitskräfte ergriffen. Seit Mitte der 2000er-Jahre bietet die vietnamesische Regierung Unternehmen, die sich im Land niederlassen möchten, zusätzlich zu einer Kapitalertragssteuer von null Prozent für ins Ausland ausgeschüttete Dividenden und einer niedrigen Körperschaftsteuer (CIT) von nur 20 Prozent, äußerst wettbewerbsfähige finanzielle Anreize. Diese Vorteile haben es Vietnam ermöglicht eine führende „Beschaffungswirtschaft“, in den Augen vieler Unternehmen, zu werden.
Aktueller Stand der Wirtschaft Vietnams
Vietnam verzeichnet in verschiedenen Bereichen ein starkes Wachstum. Von besonderem Interesse für Investoren war das anhaltende Wachstum des vietnamesischen Verbrauchermarkts, der sich sprunghaft entwickelt hat. Es wird erwartet, dass sich dieses Wachstum noch einige Zeit fortsetzt – der Inlandsverbrauch wird voraussichtlich um 20 Prozent pro Jahr steigen. Vietnam ist mit über 95 Millionen Einwohnern und der am schnellsten wachsenden Mittelklasse Südostasiens ein wichtiger Markt für ausländische Güter.
Exportmärkte | Exportwert (2017) |
China | US $50,37 Milliarden |
Vereinigte Staaten | US $48,43 Milliarden |
Japan | US $18,53 Milliarden |
Korea | US $16,18 Milliarden |
Deutschland | US $10,92 Milliarden |
Importmärkte | Importwert (2017) |
China | US $71.62 Milliarden |
Korea | US $47.75 Milliarden |
Japan | US $15.06 Milliarden |
Singapur | US $12.29 Milliarden |
Thailand | US $11.60 Milliarden |
Branchenschnappschüsse
Während Vietnam weithin als erstklassiger Standort für Investoren in der Textilbranche bekannt ist, gibt es viele andere Geschäftsbereiche, in denen ein beträchtliches Wachstum zu verzeichnen ist. Interessanterweise ist Vietnam auf dem besten Weg, ein Schlüsselstandort für die High-Tech-Fertigung zu werden. Unternehmen wie Samsung, LG Electronics, Nokia und Intel investieren mehrere Milliarden Dollar in das Land. Weitere Geschäftsfelder sind Informations- und Kommunikationstechnologie, Automotive und Medizinprodukte.
Vietnam ist seit 2017, mit einem Nettoexportwert von 48,43 Milliarden US-Dollar, der größte ASEAN-Lieferant der USA. Tatsächlich dürfte sich Vietnam wohl zu dem handelsstärksten südostasiatische Land entwickeln. Zusätzliche Statistiken zeigen, dass der bilaterale Handel mit den USA bis 2020 auf 57 Milliarden US-Dollar ansteigen wird, was die Bedeutung Vietnams als wertvolle Drehscheibe für ausländische Investitionen festigen wird.
Top Märkte | Exportwert (2017) |
Telefone | US $45,1 Milliarden |
Textilien | US $25,9 Milliarden |
Elektronikwaren/Computer | US $25,9 Milliarden |
Schuhe | US $14,6 Milliarden |
Maschinen | US $12,8 Milliarden |
Top Importe | Importwert (2017) |
Elektronikwaren/Computer | US $37,5 Milliarden |
Maschinen | US $33,6 Milliarden |
Telefone | US $16,2 Milliarden |
Stoffe | US $11,4 Milliarden |
Eisen und Stahl | US $9,1 Milliarden |
Textilien und Bekleidung
Die Textilindustrie gehört mit über 6.000 Textil- und Bekleidungsherstellern und über 2,5 Millionen Beschäftigten zu Vietnams führenden Exportindustrien. Das Wachstum der Bekleidungsindustrie war beeindruckend. Im ersten Quartal 2018 stiegen die vietnamesischen Bekleidungsexporte um 15,4 Prozent, mit einer erwarteten Wachstumsrate der ersten sechs Monate von 14 Prozent. China ist die einzige Nation, die Vietnam in Bezug auf die Nettoexporte von Bekleidung in die USA übertrifft. Hersteller und Investoren bewegen sich jedoch in Richtung Vietnam, da die Bedingungen für die Gründung eines Geschäfts dort wirtschaftlich günstiger sind als in China.
In der ASEAN-Region ist Vietnam der stärkste Konkurrent Chinas in der Beerbung der niedrigen Wertschöpfungsstufen im Textilsektor und der Bekleidungshersteller. Im Gegensatz zu dessen anderer führender Textilexporteurer der Region (Indonesien, Thailand, Malaysia), ist der Anteil der vietnamesischen Textilexporte an den Gesamtexporten in den letzten Jahren gestiegen.
Elektronik
Vietnam hat sich zu einem wichtigen Elektronikexporteur entwickelt. Die elektrischen und elektronischen Produkte überholen die Kaffee-, Textil- und Reisprodukte und werden zum wichtigsten Exportgut des Landes. Samsung ist Vietnams größter Exporteur und hat dem Land dabei geholfen zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder einen Handelsüberschuss zu erreichen. Der Export von Smartphones und Computerteilen trägt heute mehr zu den Exporterlösen bei als Öl und Bekleidung. Samsung hat Vietnam zu einem seiner weltweiten Produktionsstandorte gemacht und produziert fast ein Drittel des Outputs des Unternehmens in Vietnam. Samsung hat über 17 Milliarden US-Dollar in das Land investiert.
Samsung hat sich auch dazu bereit erklärt, mit der vietnamesischen Regierung zusammenzuarbeiten, um bei der Entwicklung der inländischen Zulieferindustrien zu helfen. Dies ist eine hervorragende Geschäftsmöglichkeit für ausländische Technologieunternehmen, sich in Vietnam niederzulassen und ihre Komponenten an Unternehmen wie Samsung zu verkaufen.
Pharmazeutika
Die Zukunft scheint für die pharmazeutische Industrie in Vietnam sehr interessant zu sein. Bisher ist der vietnamesische Pharmamarkt im Jahr 2018 auf einen Wert von 5,2 Milliarden US-Dollar gewachsen und wird bis 2020 voraussichtlich 6,6 Milliarden US-Dollar erreichen. Angetrieben wird dieses Wachstum von dem Ziel der vietnamesischen Regierung eine allgemeine Krankenversicherung zu errichten sowie durch Konsumenten, welche vermehrt zugängliche Gesundheitsversorgung verlangen.
Automotive
Vietnam wird zu einem wichtigen Markt für den Autoverkauf: Es wird erwartet, dass der vietnamesische Automobilmarkt bis 2035 voraussichtlich 1,7 bis 1,85 Millionen Einheiten verkaufen wird. Bis 2025 sollen 750.000 bis 800.000 Einheiten verkauft werden. Obwohl es in letzter Zeit einen Rückgang der Autoverkäufe gab, hat die Regierung einige neue Regulierung vorgestellt um dieses Problem zu bekämpfen und die Produktion anzukurbeln.
Trotz eines sich intensivierendem Wettbewerb in der Automobilindustrie in der gesamten ASEAN-Region, hat Vietnam erklärt, energisch an dem Aufbau einer inländischen Autoindustrie zu arbeiten. Einer der Hauptgründe für dieses Ziel ist das Potential der Automobilindustrie, Tausende von Arbeitsplätzen für Einheimische und ein starkes System der Zulieferindustrien zu schaffen.
Kaffee
Vietnam ist bereit, der weltweit größte Produzent und Exporteur von Kaffee zu werden. Derzeit ist das Land, nach Brasilien, der zweitgrößte Kaffeeexporteur der Welt. Viele Experten gehen jedoch davon aus, dass Vietnam, aufgrund seiner günstigen klimatischen Bedingungen und der niedrigeren Produktionskosten, das Potenzial hat Brasilien zu überholen.
E-Commerce
Vietnam entwickelt sich rasch zu einem der wichtigsten Märkte für ausländische Investitionen in E-Commerce-Aktivitäten. Die schnell wachsende Wirtschaft und Mittelklasse des Landes führen zu einer starken Konsumentenkultur und einem steigenden verfügbaren Einkommen. Onlineshopping entwickelt sich schnell zur bevorzugten Einkaufsmethode – insbesondere der Jugend des Landes.
Bisher erreichte der E-Commerce-Markt im Jahr 2018 6,2 Milliarden US-Dollar und wird bis 2020 voraussichtlich 10 Milliarden US-Dollar erreichen, wobei die durchschnittlichen Ausgaben bei 350 US-Dollar pro Kopf liegen. Im Jahr 2017 nutzten das Internet in Vietnam 53,86 Millionen Menschen und bis 2022 werden die Nutzer auf 59,48 Millionen geschätzt.
Anmerkung des Lektors: Dieser Artikel wurde ursprünglich 2015 veröffentlicht und wurde entsprechend den jüngsten Entwicklungen aktualisiert.
Vietnam Briefing wird von Dezan Shira & Associates produziert. Mit Büros in China, Hongkong, Indien, Indonesien, Singapur, Russland und Vietnam unterstützt das Unternehmen Investoren in Asien
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